Ostertreffen in Rom
Ostertreffen in Rom
Zum ersten Mal nach der Coronapandemie konnte in Rom wieder ein mehrtägiges Ostertreffen stattfinden. Eine kleine Gruppe junger Menschen verschiedener Nationalitäten erlebte dort mit unserer Gemeinschaft das wichtigste Fest des liturgischen Jahres. Giulia gibt uns einen Einblick in diese Tage.
Die Erwartungen der Angekommenen waren vielfältig: »Die Osterfeiertage in Gemeinschaft zu erleben«; »Vereint mit der Weltkirche an den Feierlichkeiten mit Papst Franziskus teilzunehmen«; »Die Stadt kennenzulernen«; »Einen Moment zum Innehalten und Beten - weit weg vom stressigen Rhythmus des Studienalltags und der Arbeit«. Neben all dem, bewusst oder unbewusst: Fragen über das eigene Leben und die Zukunft.
Es ist ein historischer Moment, den wir in der Welt gerade erleben, und so sollte es auch ein ganz besonderes Osterfest werden: Verbunden mit der ganzen Kirche wollten wir um das Geschenk des Friedens bitten. Gemeinsam mit vielen anderen und Papst Franziskus beteten wir den Kreuzweg am Kolosseum. Die einzelnen Meditationstexte waren von unterschiedlichen Familien geschrieben worden und spiegeln deren Lebenserfahrung wider.
Den Abschluss bildete das Gebet von Papst Franziskus:
»Nimm uns an die Hand, wie ein Vater,
damit wir uns nicht von Dir abwenden;
bekehre unser rebellisches Herz zu deinem Herzen,
damit wir lernen, Pläne des Friedens zu schmieden,
Gegner aufzufordern, einander die Hände zu reichen und
sich an der wechselseitigen Vergebung zu freuen.
Entwaffne die Hand, die der Bruder gegen den Bruder erhebt,
damit dort, wo Hass ist, Eintracht aufblühe.«
Der Samstag begann mit einem Spaziergang durch die Innenstadt. Es schlossen sich auch einige junge Leute an, die zurzeit in Rom leben und unterschiedlichen Nationalitäten und Religionen angehören. Für die Muslime unter ihnen hatte soeben der Ramadan begonnen, ein Monat des Gebetes, des Fastens und des gemeinschaftlichen Zusammenseins. Das Gebet für den Frieden verband uns - ein wichtiges Zeichen für alle. Nach dem Besuch einiger wichtiger Glaubensorte, erreichten wir die Kirche Sant‘ Andrea delle Fratte. Dort erwartete uns Bruder Taras, ein Ukrainer. Er gehört dem Orden der »Minoritenbrüder« an, der vom Heiligen Franz von Paola gegründet wurde. Im Gespräch erfuhren wir von seiner Erfahrung als Migrant, zu dem er aufgrund seines Glaubens geworden war.
Auch sprach er über sein vom Krieg zerrissenes Heimatland, eine Leidensgeschichte, die am 24. Februar 2022 begann. »Diesen Tag wird das ukrainische Volk wohl niemals vergessen«. Die offenen und ehrlichen Worte von Bruder Taras trafen uns ins Herz.
Unsere Entdeckungsreise durch die Stadt führte uns auch ins jüdische Viertel. Dort befindet sich die kleine und schlichte Kirche der nigerianischen Gemeinde. Mit ihnen zusammen wollten wir die Osternacht feiern und wurden sofort freundlich begrüßt. Wir fühlten uns wie zu Hause. Als wir uns am Ende der Feier »Frohe Ostern« wünschten, erhielt jeder ein Stück Brot zum Teilen als Zeichen der Geschwisterlichkeit.
Der Ostersonntag begann für uns sehr früh. Wir nahmen am Petersplatz an der Eucharistiefeier mit Papst Franziskus teil und empfingen anschließend von ihm den Segen »Urbi et Orbi«. Wie fasziniert waren wir von den Tausenden Menschen aus aller Welt auf dem Platz! Wussten wir doch auch von den Millionen, die über die Medien mit uns und miteinander verbunden waren. Die geistige Kraft von Papst Franziskus beeindruckte uns ungemein. Körperlich war er angeschlagen und sicher litt er auch unter dem so friedlosen Geist in der Welt. Gleichzeitig vermittelte er aber Hoffnung und Glauben. Er war wie ein Fels in der Brandung.
»Auch unsere Blicke sind an diesem Osterfest in Kriegszeiten ungläubig. Wir haben zu viel Blutvergießen, zu viel Gewalt gesehen. Auch unsere Herzen waren von Angst und Schrecken erfüllt, während so viele unserer Brüder und Schwestern sich einschließen mussten, um sich vor den Bomben zu schützen. Es fällt uns schwer zu glauben, dass Jesus wirklich auferstanden ist, dass er den Tod wirklich besiegt hat. Ist es vielleicht eine Illusion? Das Ergebnis unserer Einbildungskraft?
Nein, es ist keine Illusion! Heute erklingt mehr denn je die Osterbotschaft, die gerade dem christlichen Osten so teuer ist: „Christus ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!“ Heute sind wir mehr denn je auf ihn angewiesen, am Schluss einer Fastenzeit, die nicht zu enden wollen scheint. Wir haben zwei Jahre Pandemie hinter uns, die schwere Spuren hinterlassen haben. Es war an der Zeit, gemeinsam aus dem Tunnel herauszukommen, Hand in Hand, mit vereinten Kräften und Mitteln ... Aber stattdessen zeigen wir, dass wir immer noch nicht den Geist Jesu in uns tragen, sondern noch den Geist Kains, der Abel nicht als Bruder, sondern als Rivalen ansieht und darüber nachsinnt, wie er ihn beseitigen kann. Wir brauchen den auferstandenen Gekreuzigten, um an den Sieg der Liebe zu glauben, um auf Versöhnung zu hoffen. Heute brauchen wir ihn mehr denn je, der zu uns kommt und uns erneut sagt: »Friede sei mit euch!«. (Papst Franziskus, Botschaft »Urbi et Orbi«, 17. April 2022)
Es war am Ende dieser Tage dann spannend, voneinander zu hören, welche Ostererfahrung jeder einzelne von uns persönlich gemacht hatte:
»Ich wollte diese Tage mit einer Gemeinschaft erleben. Für mich ist es eine sehr intensive Zeit mit vielen Veränderungen, neuen Prioritäten und Herausforderungen. Im Alltag ist es oft nicht einfach, eine Beziehung zu Gott zu pflegen. Aus diesem Grund hatte ich mich entschieden, Ostern mit euch zu verbringen. Ich habe keine Schlüssel und Lösungen für die vielen Fragen und Probleme, aber nach diesen Tagen und in der Beziehung mit Gott Vater - nicht allein - werde ich mich ihnen besser stellen können.«
»Ich kam mit dem Wunsch, die Stadt und den Papst zu sehen und Zeit zum Beten zu finden. Die Botschaft, die ich mit nach Hause nehme, kam von Papst Franziskus: Er wirkte alt und schwach, aber gleichzeitig strahlte er eine große spirituelle Kraft aus. Das zeigt mir, wie man auch in schwierigen Situationen, selbst in Schwäche, große Kraft finden kann. Von Gott kommt eine Kraft, die es uns ermöglicht, uns allen Problemen und Herausforderungen unseres Lebens zu stellen.«
»Ich wusste nicht, wie es für mich sein würde, die Ostertage mit Menschen zu verbringen, die ich nicht kannte. Es war sehr schön, Papst Franziskus zu sehen und gemeinsam an den Feierlichkeiten teilzunehmen: Ich habe erlebt, wie es möglich ist, auch bei Lärm und Durcheinander eine Stille und einen inneren Frieden zu finden, die aus der Beziehung zu Gott kommen.«
»Ich bin hierhergekommen, um eine Wallfahrt zu machen, um die Fastenzeit zu beenden, die selbst eine Wallfahrt ist. Ich habe viele Fragen, ich habe keine Antworten, aber auf dem Weg nach Hause begleiten mich die Worte eines Liedes: ›There is more, es gibt mehr...‹. Ich habe Fragen und Erwartungen, aber der Herr bereitet etwas Größeres für mich vor. Es gibt etwas Größeres, auf das wir warten müssen, etwas, das unsere Vorstellungskraft übersteigt.«
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