Diesen Frühling werden wir nicht vergessen

25.03.2020
von Christiane Lubos
Aktuell

Während uns im Stundentakt Schreckensnachrichten aufgrund der Pandemie erreichen, gibt es in dieser globalen Notsituation auch viele unerwartete Solidaritätsaktionen. Viele Menschen rund um den Globus setzen sich wie selbstverständlich für andere ein, für manche ist das mit großen Risiken verbunden.

Vor wenigen Tagen erreichte uns z.B. auch eine Nachricht von Giulia aus Rom. Sie ist Mitglied unseres Scalabrini-Säkularinstituts und arbeitet als Ärztin im Polyambulatorium der Caritas am Bahnhof Termini. Das ist eine Anlaufstelle für Migranten, Geflüchtete und Obdachlose, die aus unterschiedlichen Gründen kaum oder keinen Zugang zum öffentlichen Gesundheitssystem haben. Viele freiwillige Ärztinnen und Ärzte, Apothekerinnen und Apotheker, ebenso Krankenpflegepersonal und sozial Engagierte tragen dazu bei, dass diese Menschen das ganze Jahr über, wie auch jetzt in der aktuellen dramatischen Situation, medizinisch versorgt werden.

Giulia: »Jede und jeder von uns, glaube ich, ist in diesem Moment zur Solidarität aufgerufen. Das bedeutet für die einen, zuhause zu bleiben, ihr Leben im Alltag mit Hoffnung und Vertrauen auf Gott für die Mitmenschen zu leben. Andere von uns stehen an vorderster Front Migranten und Geflüchteten bei, vor allem den Verletzlichsten unter ihnen. Sie sind Brüder und Schwestern, die an unsere Tür klopfen, die darum bitten aufgenommen, unterstützt, medizinisch versorgt zu werden. Tagtäglich kommen Menschen, die in diesem fast surrealen und angsterfüllten Klima nach Orientierung suchen. Und gemeinsam mit den Freiwilligen versuchen wir, ihnen zuzuhören, sie aufzunehmen und ihren Bedürfnissen entgegenzukommen. Einige zeigen grippale Symptome und wir müssen herausfinden, wer von ihnen eventuell mit dem Corona-Virus angesteckt wurde. Andere kommen, weil sie in diesem Augenblick der Krise vom Krankenhaus zurückgewiesen wurden.

Unter ihnen sind Ausländer, alte Menschen, Kranke, Obdachlose. Sie sind der Gefahr besonders ausgesetzt, einige kamen auch aus den Krisengebieten Nordtaliens nach Rom. Sie können nicht zuhause bleiben, weil sie kein Zuhause haben. Leben sie aber weiterhin auf der Straße, bringen sie sich selbst und auch andere in Gefahr. Auch Flüchtlinge, die neu angekommen sind, können kein Amt aufsuchen, um einen Antrag zu stellen. Alles ist geschlossen. So erhalten sie auch keine Herberge, keinerlei Unterstützung. Ich bitte euch um das Gebet vor allem für diese Schwächsten am Rande der Gesellschaft.«

Alle Mitglieder des Teams im Polyambulatorium haben entschieden, gerade jetzt den Dienst unter diesen Menschen fortzuführen. Es ist jedem bewusst, dass die Freiwilligen, die sich in diesen Tagen engagieren, sich selbst der Gefahr der Infektion aussetzen, wenn sie andere unterstützen und begleiten. Die meisten kehren abends nicht mehr nach Hause zurück, damit sie die eigene Familie und Umgebung nicht in Gefahr bringen.

Wie können wir diese Krisenzeit bewältigen? Diese Frage stellen wir uns wohl alle. Kurz bevor auch in der Schweiz alle öffentlichen Gottesdienste untersagt wurden, zitierte Bischof Felix Gmür in einer Predigt Ignatius von Loyola, einen großen Heiligen: »Handle so, als ob alles von dir abhinge, in dem Wissen aber, dass in Wirklichkeit alles von Gott abhängt«.

Ja, in dieser Krise, in der so viele Menschen leiden, sind Einsatz und Solidarität genauso wichtig wie Trost und Hoffnung mit der »Zuversicht, dass auf jeden Karfreitag Ostern folgt, die Auferstehung. Am Schluss gewinnt das Leben, vielleicht in einer anderen Form«, so Bischof Felix.

Christiane Lubos

 

Links:

Zeitschrift  Auf den Wegen des Exodus (PDF)

Zeitschrift  Auf den Wegen des Exodus (ARCHIV)

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