Über Sprachbarrieren hinweg
Studierende der Pädagogischen Hochschule FHNW und Lernende des Integrationsjahrs der Berufsfachschule Solothurn (GIBS) begegneten einander in heterogenen Tandems. |
»Zuerst war ich schon ziemlich nervös. Ich hatte noch nie wirklich Kontakt mit Menschen, die eine Flucht erlebt haben«, notierte eine Studentin am Anfang in ihr Lerntagebuch.
15 künftige Lehrpersonen und 17 junge Menschen aus Italien, Spanien, Polen, der Slowakei, Thailand, Afghanistan, Eritrea und Somalia, die seit Kurzem in der Schweiz leben und keine obligatorische Schule mehr besuchen dürfen, trafen sich drei Monate lang wöchentlich für 90 Minuten. In Zweierteams sollten sie Orte und Aktivitäten in Solothurn erkunden, die jungen Menschen gratis oder für low cost zugänglich sind. Jede dieser Möglichkeiten wurde fotografiert und erhielt einen Punkt auf dem Stadtplan. Ebenso mussten die Teilnehmenden in ihrer jeweiligen Muttersprache Inhalt, Zugänglichkeit und eventuelle Kosten beschreiben. Neben dieser vielsprachigen Sammlung sollten sich die Tandempartner kennen lernen und austauschen über Schule, Leben, Sprache, kulturelle Eigenheiten, Traditionen… in ihrem Ursprungsland.
»Ich hätte mich nie getraut, jemanden zu fragen, wie er in die Schweiz gekommen ist. Ich möchte niemandem zu nahetreten«, so eine Studentin während einer Reflexion. Es sind aber gerade diese Jugendlichen, die darüber erzählen wollen. So lässt ein junger Spanier durchblicken, dass er am liebsten gar nicht hier sein möchte und er im Moment die Lust an allem verloren habe. Seine Eltern fanden hier Arbeit, für ihn bedeutete es aber, alle Brücken abzubrechen. Und eine junge Eritreerin sprach von ihrem Weg durch die Wüste und über das Meer. Viele der geflüchteten Jugendlichen waren allein unterwegs gewesen. Jetzt sind sie froh, in Sicherheit zu sein und nach Monaten oder gar Jahren eine Perspektive vor Augen zu haben – wenn auch weit weg von ihren Familien und ihrem ehemaligen Zuhause.
Auch für die Teilnehmenden der GIBS war die Begegnung mit den Studierenden überaus wertvoll, weil es für sie meist sehr schwierig ist, Kontakte mit Menschen aus der Schweiz zu knüpfen. Bereits nach dem ersten Zusammentreffen spürte man eine freudige Euphorie. Ein junger Mann aus dem Integrationsjahr meinte erstaunt, dass die Studierenden ehrliches Interesse an ihnen zeigen würden und ein anderer sagte nach dem ersten Unterrichtsblock: »Ich danke euch von Herzen für eure Offenheit«, was alle Beteiligten sehr berührte. Einzelne Studierende und Lernende des Integrationsjahres trafen sich während der Zeitspanne des Projektes auch privat zu einem Kaffee oder zum Badminton spielen.
Am Ende fasste eine Studentin die Erfahrungen für sich zusammen: »Wir denken immer, dass wir sehr offen sind, wir meinen alles zu wissen, weil das Thema immer wieder in den Medien kommt, aber das stimmt nicht. Es braucht noch viel mehr Wissen und Sensibilität«. Einen Schritt dazu – über Sprachbarrieren hinweg – haben alle Teilnehmenden gemacht.
Christiane
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